Liebe Familie,
Freunde & alle die es interessiert was ich hier auf meinem Outreach der Photogenx DTS in Asien erlebe.
Ein herzliches Hallo oder "Sawadee Kha" wie man hier in Thailand sagt.Hier kommt ein UPDATE!
Neben leckerem Essen, frischen Smoothies, Phase 10 spielen, mit Tigern zu schmusen, Fotografieren, Land und Kultur kennenlernen und jeder Menge Spaß, will ich dir von meiner Arbeit hier erzählen die ich von Montags - Samstags tue.
Bevor ich von meinem aktuellen Dienst bei Lighthouse erzähle, ein knapper Rückblick der letzten Wochen mit AbbaHouse.Bei AbbaHouse handelt es sich um ein Heim für im Sextourismus gehandelte Jungen. Auch nimmt es Mädchen auf, die ebenfalls als Sexsklaven gehandelt wurden, bzw. aus ungeschützten Verhältnissen kommen, die ein zu hohen Risiko in sich bergen das die Mädchen im Rotlichtmilieu enden. (mehr Details in meinem vorherigen Blog "Walking & Painting with Light").
Während unserer Zeit haben wir die Kinder und Jugendlichen in Englisch, Musik und der Bibel unterrichtet. Als Abschied haben wir den Jungs jeweils Schulbücher, Block, Mäppchen mit bunten Stiften u.ä. geschenkt. Sie hatten bis zu dem Zeitpunkt keine Materialien wie z.B. ein eigenes Lehrbuch. Da sie nie eine Schule besucht haben,können sie aufgrund ihres Alters & Bildungsstand nicht mehr in öffentliche Schule aufgenommen werden. Deshalb werden sie im AbbaHouse von Volontären & Teams wie von uns unterrichtet. Da herrscht ein sehr großes Entwicklungspotenzial. ( Wenn dein Herz nun an zu pochen fängt, du gerne unterrichtest und dich in andere längerfristig investieren willst – SCHREIB MICH AN :-) )
Wir haben einen ActionDAY mit Sport & Spielen für alle zusammen veranstaltet. Für die Mädels gab es zudem noch eine Girlsnight mit Snacks, Soda, Nagellack, Lockenstab, Musik etc. Wir haben drei Sonntage den Gottesdienst gestaltet, mit Musik, Tanz und unsere Geschichten erzählt wie wir Gott in unserem Leben erfahren haben. Auch hatten wir die Gelegenheit in zwei Drogenentzugskliniken zu gehen. Eine Klinik betreut Jungen im Alter von 12 -20 Jahren, die andere Klinik betreut aktuell Männer im Alter von 16-45 Jahren. Wir hatten das Privileg mit ihnen zu reden, lachen, ihnen ebenfalls aus unserem Leben mit Gott zu erzählen, abschließend durften wir auch für einige beten.
Ich hab bisher viel lernen dürfen. Ich hab gesehen was es mit einem MenschenHERZ macht wenn man es umsorgt, Wahrheit reinspricht, sorgsam und liebevoll mit umgeht- es fängt neu an zu LEBEN, neu zu TRÄUMEN, neu zu GLAUBEN.
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Chiang Mai
Mit drei anderen Mädels aus meinem Team saß ich beim Abendessen. Ich wurde plötzlich auf eine Unterhaltung zweier Männer am Nebentisch aufmerksam. Sie reden über Frauen. Nein, es sind nicht ihre Frauen oder Freundinnen über sie reden. Klingt harmlos, aber das ist es in diesem Fall nicht. Als diese Männer (die mein Papa bzw. Opa sein könnten) über „Preise“ sprachen, haben sich meine Befürchtungen bestätigt, diese Männer sind hier um sich Frauen zu kaufen. - Es sind die Frauen mit denen mein Team & ich hier arbeiten. Abends gehen wir in 2-4 Gruppen in diese Bars, wo Männer hinkommen um sich Frauen für Sex kaufen -Sie reden ganz beiläufig darüber. So beiläufig, wie das Wetter heute ist. Dann blicke ich auf & lasse meine Augen schweifen, um uns vier junge Frauen sitzen etwa 15 ältere Männer, in Gruppen oder alleine.
Es ist ein Muster. Diese Männer kommen alleine oder in Gruppen, für Urlaub, für Begierden, für billigen Sex mit Kindern und Frauen. ( Nicht jeder Ausländer der hier als unterwegs ist automatisch ein Sextourist. In dem Bezirk wo ich bin, trifft es leider hauptsächlich zu.)Einen Abend bin ich mit einer versteckten Kamera eine Runde durch die berühmt, berüchtigte Bar Meile gezogen. Innerhalb von 20 Minuten sah ich einige hundert westlich aussehende Männer im Alter von 40-60 Jahren, vereinzelt auch junge Männer. An vielen Händen habe ich Eheringe gesehen.
Es war überwältigend. Es war überall. Und dies ist noch nicht einmal die Hauptsaison. Die meisten Männer die wir hier treffen sind aus Australien & Deutschland. Diese „weißen“ Touristen machen nur 20% der Kunden aus, auch wenn sie aussehen wie die überwiegende Mehrheit, denn die restlichen 80% der „Johns“ in Chiang Mai sind die eignen Thais selbst.
Was sind es für Frauen die in diesen „Bars“ arbeiten? Nun, nach vielen Stunden & intensiven Gesprächen kenne ich einige Lebensgeschichten. Die Frauen versuchen zu (über)leben. Viele arbeiten hier weil sie Missbrauch erlebt haben, seit Kindheit nichts anderes kennen, Drogen, Geldnöte, Manipulation – die Liste ließe sich lange weiterführen. Viele sind junge Frauen zwischen 18-25 (vlt auch jünger), es arbeiten aber auch viele Frauen Anfang 40. Jede Frau hat ihre eigene Geschichte zu erzählen. Wir bekommen die Möglichkeit, hinter die Gesichter mit Make-Up, der scheinbar so fröhlichen & aufreizenden Mädchen zu blicken. Ich sehe den wundervollen 6 jährigen Leo, der bis spät abends zwischen den Frauen & Kunden sitzt, spielt, lernt und am Ende in einem Hinterzimmer einschläft. Seine Mama arbeitet und lebt in der Bar/Bordell. Wir hören ihre Geschichten, reden und lachen mit ihnen, erzählen ihnen von Jesus, sagen ihnen dass sie wertvoll sind.Wir als Team dürfen Licht in diese dunklen Orte bringen. Wir schütteln die Atmosphäre durch Gebet und unsere Anwesenheit – beautiful & dangerous – das sind wir (Das MOG Motto lebt noch immer in mir!) Viele Männer reagieren irritiert wenn wir in die Bars kommen & uns dort mit Freude aufhalten, mit den Frauen reden, Cola trinken und Billiard spielen.
Ich versuche jedem Mann dem ich dort begegne straight in die Augen zu schauen – ja, Blicke können mehr als tausend Worte sagen – ich sage „ Was machst du hier? Ich weiß warum du hier bist / was du tust und das ist nicht in Ordnung.“ Die meisten Männer weichen meinem Blick aus. Einige der Männer versuchen mit uns zu flirten, andere wiederum ignorieren uns.
Vor wenigen Tagen während dem BarMinistry haben zwei Männer eine Bar betreten. Schnell habe ich mitbekommen das sie sich auf Deutsch unterhalten. Die eigene Muttersprache hört man in einem fremden Land sofort raus. Sie haben sich ziemlich laut & „frei“ über den Preis einer Frau geredet – wahrscheinlich weil sie uns Englisch sprechen gehört haben. Ich wusste gleich dass ich sie ansprechen soll bzw. "muss". Ich hab all meinen Mut zusammen genommen & gesagt: "Hallo, ach Deutsche, wo kommen Sie her?" Sie wirkten überrascht und ja, einer von ihnen auch etwas entsetzt. Nach einigen oberflächlichen Sätzen, wie Name, Wohnort, Beruf hab ich sie gefragt ob sie eine Frau / Familie haben. Eckhardt,46 aus Heidelberg ist geschieden und hat eine Tochter. „Sie müsste in deinem Alter sein. Wie alt bist du? “ Ich hab ihn gefragt wie es für ihn als Vater in so einer Umgebung ist, wo die Mädchen / Frauen hier in den Bars seine Tochter sein könnte. Er antwortete mir: „Ach was, die sind noch jünger als meine Tochter.“ Und lacht. Was das in mir auslöste würde den Rahmen sprengen. Soviel aber, es hat in meinem Herzen was ausgelöst!
Nach einigen Tagen BarMinistry , in denen ich hinter Kulissen, Theken, Türen und aufgesetzten Lächeln der Mädchen gesehen & gehört habe, sind meine Emotionen Achterbahn gefahren. Von Wut, Tränen, Ohnmachtsgefühlen, Hoffnung war alles dabei. Was sind das für Männer die wie Teenager mit ihren ersten Bierflaschen durch die Straßen ziehen, die Frauen „jagen“ gehen. Einige sehen so verloren aus, ja es macht mich traurig sie so ziellos und zugleich „hungrig“ umher irren zu sehen. Dann hat Gott mich erinnert. Diese Männer die Frauen kaufen, und die Männer (Zuhälter, Väter, eigenen Ehemänner) die Frauen verkaufen – ja die liebt Gott genauso wie mich. Er ist genauso für ihre Sünden gestorben, wie für meine. Mein Herz war von Anfang für die Frauen zerbrochen, plötzlich habe ich auch Mitleid für die Männer!
Auch wenn sich unsere Gespräche mit den Frauen & Männern wie ein Tropfen auf einem heißen Stein anfüllt, weiß ich dass die Wahrheit eine andere ist. Ich weiß dass wir in einigen Leben Licht, Hoffnung und Glauben bringen durften. Auch wenn wir diese Menschen wieder verlassen, weiß ich das Gott da ist. Er war da bevor ich kam, und er wird da sein wenn ich gehe!
Moderne Sklaverei im 21. JahrhundertDie "Sklaven von Heute" tragen (meist) keine erkennbaren Ketten wie damals am Körper, sie bewegen sich frei, und sind doch trotzdem gefangen. Dies "unsichtbaren Fesseln" macht es umso schwieriger die Problematik zu identifizieren. Die Menschen werden meist in unsichtbaren Ketten gefangen gehalten werden - Ketten wie Angst, Manipulation, Nöten, Süchten, Missbrauch an Körper & Seele, Kontrolle anderer Menschen wie der Zuhälter, Strukturen & Traditionen.Es bedeutet das wir heute genauer hinschauen müssen was in unserer Gesellschaft und der Welt geschieht.
Bevor ich abschließe. Ich schreibe hier viel von Dunkelheit und Nöten die es auf der Welt gibt, aber ich kann dir sagen dass es meinem Herzen gut geht. Ich hab Glauben, ich hab Hoffnung und ich erlebe jeden Tag mit so viel Freude. Ich bin so dankbar hier zu sein. Ich hab nun gesehen wovon ich seit Jahren viel gehört und gelesen hab. Mein Wunsch ist es meinen Teil dazu beizutragen gegen Ungerechtigkeit aufzustehen.Ich weiß das ich nicht die Last der Welt auf meinen Schultern tragen kann und muss – ich bin hier weil es ein Privileg ist, Menschen zu begegnen, ihre Geschichten zu hören und ihnen - wie auch immer das aussehen mag - eine Stimme zu verleihen!
„You may choose to look the other way, but you can never again say that you did not know.” - William Wilberforce
Es bedeutet mir viel dass du meinen Eintrag bis zum Ende gelesen hast.
Ich danke dir für deine Gebete, ermutigende Worte per Mail / SMS, für jeden einzelnen Euro der mir diesen Zeitabschnitt ermöglicht.
Alles Liebe,
Lisa Marie